Sprache auswählen

German

Down Icon

Land auswählen

Germany

Down Icon

Maskenaffäre: Reichinnek: „Lückenlose Aufklärung der persönlichen Einflussnahmen“

Maskenaffäre: Reichinnek: „Lückenlose Aufklärung der persönlichen Einflussnahmen“

Nach neuen Erkenntnissen zu den teuren Masken-Beschaffungsaktionen durch den damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu Beginn der Corona-Pandemie erhöht die Opposition den Druck. Sowohl Grüne als auch Linke verlangen einen Untersuchungsausschuss. „Das Mindeste ist jetzt, für eine lückenlose Aufklärung der persönlichen Einflussnahmen Spahns zu sorgen und dafür die Verantwortung zu übernehmen“, sagte Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek der SZ. Ähnlich äußerte sich Janosch Dahmen, der Gesundheitsexperte der Grünen.

Zuvor hatten Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR über die ungeschwärzte Version des Sudhof-Berichts berichtet. Darin ging Sonderermittlerin Margaretha Sudhof der Frage nach, wie es in der Pandemie zu der massenhaften Überbeschaffung von Masken kommen konnte und ob dabei alles mit rechten Dingen zuging. Spahns Nachfolger Karl Lauterbach (SPD) hatte den Bericht 2024 in Auftrag gegeben. Dessen Nachfolgerin, die CDU-Politikerin Nina Warken, hatte ihn unlängst dem Haushaltsausschuss des Bundestags übergeben – allerdings mit teils komplett geschwärzten Seiten. Was eigentlich Persönlichkeitsrechte schützen und Dienst- oder Geschäftsgeheimnisse wahren sollte, schützte jedoch auch Warkens Parteifreund Spahn. Das jedenfalls legt die ungeschwärzte Version nahe.

„Es ist für alle nachvollziehbar, dass Jens Spahn in wesentlichen Punkten wiederholt die Unwahrheit gesagt hat“, sagte Grünen-Gesundheitspolitiker Dahmen der SZ. „Und dass die heutige Gesundheitsministerin versucht, ihn zu schützen.“ Der Bericht zeige nicht nur, dass Spahn gegen jeden Rat Fehler zugunsten von Unternehmen im Umfeld der Union gemacht habe. Auch habe Spahn trotz mehrmaliger Empfehlung seiner Beamten nichts unternommen, Schadenersatz von den Firmen zu fordern. „Es braucht offensichtlich einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss“, sagte Dahmen. „Jeder, der sich nichts vorzuwerfen hat, würde einen solchen selbst fordern.“ Nur so ein Ausschuss habe die Befugnisse, Akten einzusehen, Beweise zu sichern und Zeugen zu befragen. Alle demokratischen Kräfte im Bundestag müssten sich nun dafür einsetzen.

Dieser Hinweis kommt nicht von ungefähr – denn Grüne und Linke haben gemeinsam nicht genug Stimmen, um einen Untersuchungsausschuss durchzusetzen. Linken-Fraktionschefin Reichinnek setzt deshalb auf die Sozialdemokraten. „Wenn die Union nicht bereit ist, für Aufklärung zu sorgen, obwohl man doch nichts zu verbergen hat, muss wenigstens die SPD den Rücken gerade machen und einen Untersuchungsausschuss ermöglichen“, sagte sie.

Die Union verweist auf die Enquetekommission zur Pandemie. „Ein nur mit Politikern besetzter Untersuchungsausschuss ist ein klassisches Instrument der Opposition“, sagte Steffen Bilger, der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, der Süddeutschen Zeitung. Eine Enquetekommission dagegen könne mithilfe externer Experten sachlich und überparteilich die Pandemie aufarbeiten. „Es geht nicht um parteipolitische Schuldzuweisungen, sondern darum, Verantwortung zu übernehmen und unser Land besser auf zukünftige Krisen vorzubereiten.“

Spahn selbst hatte sich am Wochenende in der Bild am Sonntag zu den Vorwürfen geäußert. „Ich habe da nichts zu verbergen“, sagte er. „Ich sage da die Wahrheit nach bestem Wissen und Gewissen.“ Er verwehrte sich zudem gegen den aus seiner Sicht „konstruierten Vorwurf von Lügen“.

Dieser Vorwurf bezieht sich darauf, dass Spahn etwa in der ARD Mitte Juni auf die Frage, ob Bedenken oder Warnungen aus dem Innen- oder Verteidigungsministerium bei ihm angekommen seien, geantwortet hatte: „Bei mir persönlich nicht.“ Er wisse auch nicht, „von wem, aus welchem Ministerium“ gewarnt worden sei. Die ungeschwärzten Passagen aus dem Sudhof-Bericht zeigen jedoch, dass zumindest aus dem eigenen Haus Warnungen vor den Folgen seiner Entscheidungen per Mail oder als Leitungsvorlage an Spahn persönlich gingen. Das verschwieg Spahn zunächst. Erst später räumte er ein, dass es „natürlich“ auch abweichende Meinungen gegeben habe.

Ein angeblich neues, Spahn entlastendes Papier erwies sich derweil als dafür untauglich. Die FAZ hatte am Freitag nach Veröffentlichung der neuen Vorwürfe darauf verwiesen, dass „neues Material aufgetaucht“ sei, „das den damaligen Gesundheitsminister und heutigen Unions-Fraktionschef entlastet“. Demnach seien etwa die Preise, die der Bund der Schweizer Firma Emix für Masken zahlte, „angemessen“ gewesen.

Doch das Papier von 2021 ist längst bekannt, so hat es etwa die SPD in Bayern schon vor langer Zeit publiziert. Das Bundesgesundheitsministerium hat das Papier im März 2021, also noch unter Leitung von Jens Spahn, verfasst, um sich gegen Vorwürfe im Zusammenhang mit der Maskenbeschaffung zu verteidigen. Auch die Sonderermittlerin Sudhof kannte das Papier. Sie hat es für ihren Bericht ausgewertet. Eine Entlastung hat sie aus den Argumenten nicht gefolgert.

süeddeutsche

süeddeutsche

Ähnliche Nachrichten

Alle News
Animated ArrowAnimated ArrowAnimated Arrow